Die stillen Wächter

Der erste Blick aus dem Fenster meines Lagers nach dem Aufwachen verhieß nichts Gutes: grau, wolkig, Regen, windig.

Es wurde gestern schon vorher gesagt, dass der heutige Tag nicht besonders gut werden sollte vom Wetter her.

Das Frühstück war dahingehend sehr erfreulich, als dass Iris und Thomas, ein Pärchen aus der Nähe von Linz, mit denen ich gestern Abend viel erzählt habe, mir zwei Früchteriegel und zwei Äpfel schenkten.

Nachdem sie erfahren hatten, dass ich in Obertauern nichts bekommen hatte und sie absteigen wollten, schenkten sie es mir. Was für eine tolle Geste - herzlichen Dank dafür! 😘

Um halb 9e hatte ich dann endlich alle Sachen beieinander, war wasserfest eingepackt und bin los gestiefelt. Und der Vormittag brachte - nichts.

Wie nichts? Naja, keine Sicht, keine Sonne, keine trockenen Schuhe, keine Ereignisse. Also nichts...

Bis zur Taferlscharte war alles grau in grau, nass, durch Wiesen und am Ende ein bisschen Fels.

Nichts aufregendes - gesehen habe ich ja nichts. Nur die Hochspannungsmasten, die überall im Nebel bzw. in den Wolken auftauchten, zeugten davon, dass es hier Zivilisation geben musste.

Von der Taferlscharte aus ging es steil bergab, kurz aber heftig, danach ging es in eine Berg-und-Talfahrt über, viel über Wiesen, die Schuhe natürlich schon völlig aufgeweicht.

Aber: es hatte aufgehört zu regnen und es lichtete sich. Endlich konnte ich sehen, wo ich mich befand. Und das waren keine kleinen Erhebungen, da waren schon imposante Berge dabei....

Heute ließ ich mich aber auch ständig ablenken, hier gucken, dort telefonieren, immer wieder blieb ich stehen. Ich sah von oben, wir einige Kühe auf ihre Sommerweiden hochgetrieben wurden. Und ich entdecke Bauwerke, die wie stille Wächter mitten im Nirgendwo standen. Was könnte das sein? Bauwerke aus dem zweiten Weltkrieg? Wassergewinnung? Bzw. Stromerzeugung? 🤔

Weiter ging es, über nasse Wiesen, leicht auf und ab, am Rothenwändersee vorbei weiter in Richtung der Franz-Fischer-Hütte, wo ich einen Schlafplatz für heute Nacht habe. An der Jakoberalm, wo ich ursprünglich übernachten wollte, wäre ich ganz schön eingegangen - die hat nämlich zu. Macht mir nix, schließlich bin ich ja schon untergebracht.

Von den Wiesen ging es über in Übergangswald - also ein Misch-Masch aus Wiese, einzelnen Bäumen und Latschenkiefern. Hatte auch was. Und wieder hoch, ein paar Höhenmeter schruppen - gefühlt zumindest, weil soooo wahnsinnig viele Hm habe ich heute nicht gesammelt (knapp 900 Hm).

Kurz vor dem Ziel tauchten noch zwei schöne Bergseen auf. Es könnte so schön hier sein - aber nicht bei grauem Wetter, niedrigen Temperaturen und Wind, der es kalt werden ließ. Dennoch schlenderte ich am Ufer entlang und suchte mir meinen eigenen Weg. Wenn es nur wärmer wäre für eine Pause.... 🫣

Unvermittelt stand dann plötzlich die Hütte vor mir. Ich wusste zwar, dass es nicht mehr weit sein konnte, aber dennoch war ich überrascht.

Die Franz-Fischer-Hütte wurde in den letzten Jahren umgebaut, ist innen total schön. Der Wirt Tom ist selbst auch Weitwanderer und hat schon mal die Alpen durchquert, aber auf anderen Wegen. Wir werden uns heute Abend noch austauschen. Ein zweiter Weitwanderer (ganz anderer Weg) ist auch noch da...

Wir werden schauen, einen schönen und verträglichen Weg für morgen bzw. die Tage danach zu finden, ich möchte ja Richtung Seeboden am Millstätter See und weiter zum Karnischen Höhenweg. Da werde ich bestimmt ein paar tolle Tipps bekommen.

Über die Ergebnisse kann ich aber erst morgen berichten. Bald gibt es Abendessen - all-you-can-eat-Buffet und das Ganze vegetarisch bzw. vegan. Fleisch gibt es hier auf der Hütte nicht. So zeigt sich der Wandel der Zeit.... Aber definitiv nicht schlimm.

Bis Morgen!

Viel Spaß beim Fußball gucken!

Knut

P.S.: die stillen Wächter sind übrigens Entlüftungsschlote aus dem tief darunter verlaufenen Tauerntunnel (Autobahn A10). Habe ich heute überquert.