Von meinem Bett im Lager aus konnte ich durch ein kleines Fenster die Felswand gegenüber sehen - keine Wolken, kein trübes Wetter. Sollte es etwa so schön (oder noch schöner) als gestern werden?
Schnell aufgestanden, in die Klamotten geschlüpft und raus vor die Hütte. Wahnsinn! Keine bzw. nur kleine Wolken, noch Ruhe, die Morgenstimmung in den Bergen ist toll. Um den Zwölferkofel legten sich leichtee Schleier von wattigen Wolken. Das muss ein guter Tag werden....
Aber erst frühstücken, ab 7e konnte man essen. Auf dem Tisch standen Brotkörbchen, dazu Kuchen und Croissant, zwei Marmeladen waren Standard. Ich hatte aber gestern schon entschieden, dass ich als Extra noch ein Joghurt-Frucht-Müsli dazu nehme - was für eine tolle Entscheidung, das Müsli schmeckte soooo lecker.
Der Unterschied zum Frühstück zur Berti-Hütte? Meilen, tausende von Meilen entfernt!!!
Nun galt es wieder alles zusammen zu packen, das flutscht inzwischen. Und dann los in die Morgensonne. Der erste Teil des Weges ging durch Steinlandschaften mit spärlicher Vegetation. So typisch Dolomiten halt.
Es waren nur 300 Hm bis zur ersten Scharte, die Blicke in alle Richtung einfach der Hammer! 😍
Kaum an der Scharte, öffnete sich ein gigantisches Panorama. Ich stand da, machte Fotos, viele Fotos, immer wieder die gleichen Fotos, Fotos.... Ich weiß nicht ob ihr das kennt: man denkt, man hat ein bestimmtes Bild noch nicht gemacht und macht es nochmal und nochmal - Zuhause versteht man nicht, warum, nur weil einen die Begeisterung in diesem Moment überwältigt hat.
Es ging über einen kunstvoll aus dem Berg gemeiselten Weg weiter an der Büllelejochhütte vorbei, um dann in einem kurzen, gemäßigten Abstieg in Richtung der Dreizinnenhütte zu verlaufen. Nach einigen Höhenmetern wurde es ein schöner, geschmeidiger Weg durch einen Schotterhang. Und man merkte wieder, dass die Dolomiten ein Wanderparadies ist: die Wege sind breit und gut ausgebaut, relativ eben, an 'kritischen' Stellen sind Treppen oder Stufen gebaut. So ging es bis zur Dreizinnenhütte.
Und dann: Dieser eine Blick! Die Drei Zinnen! Wow!
Wahnsinn! Toll! Spektakulär! Wow! Wow! Und nochmal Wow!
Klar kennt man es von so vielen Bildern, aber selbst davor zu sitzen und sie live anzusehen ist doch etwas anderes. Ich war begeistert (schwer zu verbergen, ich weiß!).
Dafür schreckte mich etwas anderes ab: ja, natürlich weiß man, dass hier viel los ist, aber so viel!!! Die Hütte bzw. die Terrasse davor bereits um 10e voll, von überall kamen Menschenmassen angelaufen. Also wirklich viele!
Ich glaube, in den fünfeinhalb Wochen vorher habe ich insgesamt nicht so viele Wanderer gesehen wie heute um die Hütte und die Drei Zinnen herum. Überall waren sie....
Meine Überlegung, evtl. eine Nacht in der Dreizinnenhütte zu bleiben, schickte ich in den (nicht vorhandenen) Wind. Das war mir too much!
Ich saß eineinhalb Stunden auf den Stein-Plateaus vor der Hütte und genoss den Blick auf die Drei Zinnen! Es war so schön! Die Wolken, die von der Seite kamen, sich auflösten oder die Gipfel sanft in Watte hüllten - und wieder freigaben.
Irgendwann musste ich dann weiter, schließlich wollte ich noch meine Unterkunft erreichen, die Dürrensteinhütte. Und ich hatte gerade mal 5,5 km von gut 20 km.
Der Abstieg war cool. Die Wege wie immer gut ausgebaut, schön zu laufen, ich überholte dutzende von Wanderern. Alle gingen eine Runde vor den Drei Zinnen, der Abstieg ins Tal war nicht so begehrt - wen wundert es!? Ich ließ es laufen und so verlor ich sehr schnell viele Höhenmeter, die Drei Zinnen verschwanden leider aus dem Blickfeld.
Der Weg war erst steiler, ging dann in einen entspannten Wanderweg über - immer an Rienza-Bach entlang. Als ich schon sehr weit unten war und es ruhiger wurde, kamen mir einige Leute entgegen, manche fragten, wie lange es noch dauern würde bis zur Hütte? 😳
Ehrlich? Ihr seht jetzt schon fertig aus, bewegt euch noch im gemäßigtem Teil der Tour und fragt, wie lange es noch dauert!? Zwei bis zweieinhalb Stunden! Was, noch so lange? Jo!
Aber: Es lohnt sich!!!!
Der restliche Weg ins Tal war entspannt, aber auf Dauer anstrengend. Es waren einige Kilometer zu gehen, insgesamt 7 km. Am Ende des Tals wartete ein kleiner See auf mich. Der Dürrensee (Lago di Landro), ein grüner See, der nicht sehr tief zu sein schien. Ich setze mich in den Bereich des Einlaufs auf die Schotterfelder und machte Pause. Schuhe aus, Füße ins Wasser, eine Kleinigkeit essen. War echt schön, der Blick auf die Berge toll.
Der weitere Weg ging am See entlang, und traf schließlich in Schluderbach auf zwei Hauptstraßen. Nun folgte noch der letzte Anstieg zur Dürrensteinhütte: genau 600 Hm auf 4,5 km Länge. Also so wie gestern. Puuuh. Und heute fühlte ich mich mental nicht dafür gerüstet.
Es gab eine Forststraße, die sich den Berg hinauf schlängelte, viel benutzt von Mountainbikern. Die wollte ich aber nicht gehen. Also durch den Wald die "Abkürzungen". Die erste war so heftig steil, dass ich mir dachte: "Die anderen lasse ich aus! Das mache ich nicht nochmal mit! Ich gehe Forststraße!"
Machte ich natürlich nicht! Ehrensache!
Und ja, die anderen Wege waren dann auch gemäßigt. Und so schaffte ich es doch irgendwann bis zur Hütte. Und für heute hatte ich Glück mit Übernachtung: gestern hätte es schlecht ausgesehen, morgen auch - nur heute klappt es. Reicht mir auch!
Die Sicht von der Hütte ist bombastisch! Was ein Panorama! Und das Essen war auch total lecker. Beim Abendessen kam ich mit Christina aus Essen ins Gespräch, sie macht eine Wanderung durch die Dolomiten, 20 Tage bis nach Belluno! Kenne ich von München-Venedig, da bin ich mit Niels auch durchgekommen. Haben uns gut unterhalten und überlegen, evtl. morgen ein Stück zusammen zu laufen, sie geht auf die Seekofelhütte, ich eine Hütte weiter auf die Sennes Hütte.
Ich saß ewig in der Abendsonne, genoss es, endlich mal bis zum Sonnenuntergang draußen sein zu können. Ich wurde belohnt für viele schlechte Tage und die vielen Mühen!
Heute bin ich in den Bergen angekommen!!!
Genießt ihr die Bilder, ich kann nur empfehlen, es selbst anzuschauen. Es lohnt sich! Egal, wie anstrengend es ist!!!!
Bis Morgen, habt eine gute Nacht!
Euer Hausmeister
Lieber Knut, das sind beeindruckende Bilder. Ich wollte mich noch für die Lost Places Führung durch die Bergfestung bedanken. Echt interessant. Hast Du Brotkrumen gestreut um wieder rauszukommen? 😉 LG aus Kelmen