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AutorenbildKnut

Im Vallée des Merveilles

Was war das für eine Unterkunft - oh je.... So etwas übles hatte ich schon lange nicht mehr. Die Duschen, die Toiletten, die Zimmer, die Decken in den Betten. Alles war so in die Jahre gekommen. Auch das ganze Gebäude an sich hätte mal eine Renovierung dringend nötig. Da muss der Französische Alpenverein wirklich mal Geld rein stecken!


Ich hatte mir das 4-Bett-Zimmer mit einem Wanderer mittleren Alters geteilt. Er hieß Xavier und war aus Brüssel. Er konnte fließend Französisch und sein Englisch war auch sehr gut - definitiv besser als meins. Ich kam mir zumindest total bescheuert vor mit meinem Schul-Englisch mit tausend fehlenden Wörtern. Aber wir konnten uns verständigen. Und: er war so hilfsbereit und übersetzte für mich das Französische ins Englische. Am gestrigen Nachmittag hatten wir schon etwas über die heutige Tour gesprochen, was er vor hat, was mein Ziel ist usw. - was unter Wanderern halt gesprochen wird.

Er war deutlich "leichter" unterwegs, was das Gepäck anging. Und mit Trailrunning-Schuhen ausgerüstet schien es so, als ob er deutlich schneller war in den Bergen. Wir haben uns aber von Anfang an super verstanden.



Nun ging es auf die Etappe zum Refugio Merveilles, dazwischen lag das Refugio Nice. Xavier wollte eigentlich nur bis zum ersten Refugio und dann noch etwas klettern, mein Ziel war Merveilles mit Überschreitung von insgesamt drei Scharten. Wir werden uns bestimmt sehen, bis dann!

Der Start war noch sehr kalt, auf der Wiese war in Teilen noch Frost zu sehen, obwohl die Sonne vom wolkenlosen Himmel schien. Nur lag der erste Aufstieg im Schatten, sodass ich trotz Langarmshirt echt kurz vor dem Frieren war. Also lieber nicht stehen bleiben. Es ging erst durch Wiesen, dann erste Schotterfelder und später auch durch große Steinblöcke hindurch nach oben. In den ersten Sonnenstrahlen blieb ich stehen und genoss erstmal. Was für eine Wohltat, und gleich wurde es viel angenehmer. Als ich merkte, dass ich guten Empfang habe - was an der Hütte wieder einmal nicht der Fall war - machte ich mich daran, einen Blog zu veröffentlichen. Xavier nutzte diese Gelegenheit und überholte mich. Noch schnell ein Erinnerungsfoto gemacht, wenn wir uns so gut verstehen, möchte ich ein Gesicht zum Namen zur Erinnerung haben.



Auch ich machte mich dran, weiter nach oben zur ersten Scharte zu kommen. Vorbei an einem kleinen 'See' und einem Altschneefeld wurde es noch mal richtig steil. Ich musste ordentlich mit den Stecken arbeiten, um bis an den höchsten Punkt zu kommen. Die Scharte selbst war dann cool, sehr schmal und gerade so zu begehen. Und danach ging es gleich über treppenartige Stufen sehr steil nach unten. Hatte ich auch noch nicht so oft. Der Blick ins nächste Tal war endlich mal nicht durch Nebel oder Wolken verwehrt. Nein, es gab einen wunderschönen Blick auf schroffe Felswände und Gipfel.



Der Abstieg musste mit Konzentration angegangen werden. Der Weg hatte viele Stufen, aber auch loses Geröll. Und nach einigen Metern dann sehr grobe Felsblöcke. Ist ja meins, ich mag das. Und so ging es flott bergab. Hatte ich Xavier oben an der Scharte schon sehr weit unten gesehen, war er plötzlich nicht mehr weit entfernt. Aber er selbst hatte schon gesagt, dass er Felsen nicht so gerne mag - ganz im Gegensatz zu mir. Und so holte ich ihn sogar noch vor dem Tal ein. Wieder kurz geredet, ließ er mich ziehen.



Ich kam am "Lac de la Fous" (nicht Lago, wir sind nun ja in Frankreich) vorbei, schön am Ufer entlang. Ein kurzer Aufstieg und ich stand vor dem Refugio Nice. Machte einen tollen Eindruck, wäre ich auch gerne geblieben, aber es war gerade mal kurz vor 12e. Aber vielleicht hat Xavier Lust und isst mit mir etwas zu Mittag - es gab endlich mal die Möglichkeit einer Einkehr! Er sagte ja, und so wurde es eine schöne Pause in der Sonne, mit leckerem Essen. Auch wenn es von der Temperatur her immer noch an der Grenze war.



Nach dem Essen machte ich mich auf den Weg, den zweiten Abschnitt der Tour zu bewältigen. Eine weitere Scharte war zu bezwingen, und diesmal sollte sie im letzten Teil richtig steil und anspruchsvoll werden...

Es ging entspannt los, durch viele Felsen, teilweise musste man die Hände dazu nehmen, aber das ist ja gerade das Schöne. Mittendrin tummelten sich ein paar Gämse, die sich aber von meiner Anwesenheit nicht stören ließen. Sie gucken eher etwas verwundert. Nach einer etwas flacheren Passage an einem kleinen See und mehreren Flachwasserbereichen vorbei folgte dann der angekündigte, anspruchsvollere Anstieg. Und der hatte es tatsächlich in sich. Durchs Schotterfeld, große Stufen, wenige Markierungen, teilweise tat sogar ich mich schwer. Wenig Stockeinsatz möglich, kämpfte ich schon ein bisschen. Aber nur ein ganz kleines bisschen. Eher, weil ich es nicht langsam angehen lassen konnte. 😄

An der Scharte angekommen, wehte mich der kalte, starke Wind fast auf der anderen Seite wieder hinunter. Wahnsinn. So frisch! Nach zwei Minuten hatte ich Tränen in den Augen, dass ich nichts mehr am Handy erkennen konnte. Schnell ein paar Meter weiter, Rucksack abgesetzt und nochmal hoch zur Scharte - Fotos müssen sein! Und der Blick war wirklich toll. Wenn ich mich nur irgendwo mal hinsetzen und genießen könnte - aber es war so kalt.



Tal abwärts wieder einmal ein kleiner See, das gefiel mir heute echt gut. Hier reichte es mir dann auch mal für eine kurze Rast. Der Tag hatte heute schon wesentlich länger gedauert als gedacht. Und ich war noch weit vom Ziel entfernt. Ein kleines Päuschen geht aber - hatte noch ein MARS vom letzten Picnic übrig. Bisschen Extra-Power futtern.

Es ging weiter über einen Weg mit vielen Steinplatten, zum Glück nicht so weit ins Tal, wie ein riesiger See lag, an dem ich oberhalb vorbei musste. Der "Lac du Basto" war der oberste von drei sehr großen Seen, die in einer Reihe hintereinander lagen - gesehen habe ich aber nur den obersten der drei. Aber er war riesig und anhand der Schaumkronen auf der Oberfläche sah man, dass ordentlich Wind ging.



Ein weiterer Aufstieg zum letzten Pass stand bevor, er war aber sehr leicht zu gehen, breiter Weg, wenig Steigung, in Serpentinen hinauf. Kein Problem. Naja, schon ein bisschen, ich merkte meine lahmen Beine. Die Aussicht auf das nachfolgende Tal war echt der Hammer! Links und rechts des Tals gewaltige Felsen, aber nicht so üblich wie sonst: Riesige Plateaus auf der einen Seite, glattgeschliffene Felsen auf der anderen Seite. Und dazwischen schroffe, zerfallene Blöcke und Berge! Ein sehr krasser Anblick. Und unten im Tal dutzende von kleinen Seen und Teichen.

Also hinunter, erst steil, dann fast eben schlängelte sich die Strecke durch Wasser, Felsen und Wiesen. Mit Abstand das beste der letzten Tage. Kein Wunder, dass sich hier ein Naturpark befindet und überall Verbotsschilder hingen: "Keine Beschriftungen oder Bilder in den Fels kratzen!" (sinngemäß). Nicht alle hielten sich dran.



Zwischen kleinen Wasserfällen, durch bzw. unter einem Fels hindurch, der zwischen zwei Blöcken hängen geblieben war, kam ich in eine offene, von früheren Gletschern geformte Hochfläche, in deren Mitte ein Stausee lag - der Lac Long Supérieur. An ihm lag auch die Hütte, man konnte sie schon sehen. Man sah auch, dass von allen Seiten Wanderer auf die Hütte zuliefen, wird also voll werden. Aber macht ja nichts. Gut, dass ich eine Reservierung hatte. Xavier kam eine dreiviertel Stunde später - und bekam ohne Reservierung auch noch einen Platz - im gleichen Zimmer wie ich!



Die Hütte war gut in Schuss, gut geführt und die Wirtsleute verstanden es (im Gegensatz zur vorhergehenden Hütte), einen Raum warm zu bekommen und alles zu organisieren. Ich saß mit Xavier an einem Tisch, mit einer jungen Französin und drei Franzosen, es kam aber ein gutes Gespräch zusammen, war ein netter Abend. Nur Empfang gab es nicht. Ist blöd, wenn man noch etwas organisieren will.


Nun denn, dann bleibt ja nichts anderes übrig, als ins Bett zu gehen. Müde war ich auf alle Fälle ausreichend, der Tag war anstrengend, und die ewige Kälte hatte mich völlig müde gemacht.

Dann schlaft ihr auch gut!


Bis Morgen!


Knut

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