Nach dem gestrigen, wundervollen Wandertag lag für heute die Messlatte natürlich sehr hoch.
Nein, klar, es kann nicht immer besser werden, aber so wie gestern wäre es natürlich schön.
Die Nacht im Lager war sehr unruhig, ich wachte oft auf, drehte und wendete mich. Zum Glück hatte ich keinen direkten Schlafnachbarn. Den Wecker um halb sieben verpasste ich dagegen fast.
Ich sammelte all meine Sachen zusammen und packte schon mal vor, ich wollte rechtzeitig los, ich hatte ein straffes Programm vor der Brust: 25 km, 1.200 Hm rauf, 1.500 Hm runter.
Das Frühstück konnte ich vor der Hütte bei freundlichen Wetter einnehmen. Zum Brot gab es Käse aus der hauseigenen Käserei! Und Joghurt sowie Milch, ebenfalls von den hauseigenen Kühen. Lecker!!!
Und dann musste ich einen zweiten Abschied vornehmen: beim Frühstück entdeckte ich Lydia (70) und Steven (71) aus Großbritannien. Sie waren schon auf dem Refugio Nordio gewesen, und auch in Nassfeld hatten sie übernachtet - allerdings in einem anderen Hotel. Wir hatten uns tagsüber immer wieder unterhalten, soweit es mein Englisch zugelassen hat. Sie sprachen beide das typischen British-English, ich versuchte es mit Händen und Füßen. Es war aber total nett und sie freuten sich, dass sie jemanden zum Unterhalten hatten. Und für mich war es ein gutes Mittel, meinen Englisch-Wortschatz aus dem Keller zu holen und aufzufrischen.
Leider trennten sich heute unsere Wege, aufgrund ihres Alters kommen sie nicht so weit wie ich. Aber auch sie laufen den Karnischen Höhenweg - bis zum Schluss! Respekt. Und sie haben erst mit 50 Jahren das Bergwandern für sich entdeckt und sind damit zu Hause volle Exoten - wen wundert es!?
Ich stiefelte also los, gleich neben der Alm ging es bergauf. Wir schon gestern durch Wald, Latschenkiefern und Wiesen mit Alpenrosen. Kein großer Aufwand, relativ schnell oben gewesen. Nur das Wetter machte nicht so mit, wie ich es mir erhofft hatte: statt aufzureißen und sonnig zu werden, zogen von der italienischen Seite der Berge immer mehr graue Wolken über die Bergkämme. Rechts konnte ich ab und zu einen Blick in das österreichische Tal erhaschen - dort war Sonnenschein. Und ich? Genau in Bereich der Wetterscheide, ohne Sonne. Aber auch kein Regen - also in Ordnung. Nur der Wind, der wie gestern stark und böhig blies, war deutlich kälter.
Es folgte ein Höhenweg, der vom Grundsatz her echt toll war: schmal, auf einer Höhe, leichtes auf und ab. Nur, und das war das, war mir nicht so gut gefiel, auch sehr von Grünzeug eingewachsen. Man sieht dann teilweise den Weg nicht richtig, also die Beschaffenheit der Oberfläche. Liegt da nun ein Stein, ist eine Wurzel im Weg, Pfütze oder Schlamm. Man erkennt es nicht. Und das strengt dann auf Dauer ziemlich an, man muss sich voll konzentrieren.
Am Ende des Höhenweges folgte ein kleiner See, der Zollernsee. Dann kann die dazugehörige Hütte nicht mehr weit sein... War sie auch nicht. Nach 1:35 Stunden war ich dort, angegeben war der Weg mit 2 Stunden. 🥳
Da es sehr windig und kühl war (ich hatte nur kurze Hose und T-Shirt an), hielt ich mich nicht lange auf. Ein kurzer Abstieg an einer kleinen Alm vorbei, folgte sogleich der Gegenanstieg - und wieder über einen schmalen Weg in ausgiebiger Vegetation.
Ich hatte inzwischen schon Langarmshirt und Regenjacke drüber gezogen, weil mir sonst zu kalt war.
Puuuh.... Und es wurde nicht weniger mit dem Grün. Ich hatte die Hoffnung, dass es mit der Höhe nachlassen würde, aber ich wurde eines besseren belehrt. Erst sehr spät lichtete sich das Gestrüpp Im Gegensatz zu den Wolken. Die grauen Wolken aus Italien hüllten mich irgendwann vollständig ein. Ich ächzte den Berghang hoch, ohne zu wissen, wohin ich ging und wie der Berg aussieht, den ich gerade bestieg. Gemäß Karte war es der Köderkopf (2.167 mNN), gesehen habe ich ihn nicht.
Am Gipfel (oder knapp daneben) dann zum ersten Mal Handyempfang. Aber das Wetter (Null Sicht, böhiger Wind, knapp vor Regen) lud nicht ein, irgendwas am Handy zu machen. Weder Blog von gestern hochladen, meine Wege neu planen, noch nach Übernachtung schauen. Schnell wieder runter.
Ich traf ein Schweizer Pärchen, das mir versicherte, 200 Hm weiter unten wäre schönes Wetter. Na, dann glauben wir das mal. Hätte ich nicht tun sollen....
Es fing nämlich leicht zu regnen an. Nicht viel, aber es machte alles nass. Und der Weg runterwärts war wie der Weg raufwärts: links und rechts viele Pflanzen. Dementsprechend waren meine Schuhe nach einer halben Stunde komplett durchnässt. Kenne ich nun ja schon....
Es ging ewig am Hang entlang, wollte nicht enden. Alles grün (im Sommer bzw. bei Sonne sicherlich total schön) und alles nass. Langsam merkte ich schon die Kilometer und Höhenmeter bzw. das ständig konzentriert Laufen.
Der Abstieg vom Höhenweg ins Tal zum Plöckenpass war dann endlich eine Abwechslung. Durch Tannenwald, in kleinen Serpentinen, mit Wurzeln und Ästen bedeckter Boden. Und trocken! Yeah! 😄
Nach knapp 500 Hm und einen Tratsch mit einem Bauern, der einen Elektrozaun installierte, war ich unten angekommen, kam am Grünsee vorbei (wäre bei Sonne ein traumhafter Ort für eine kurze Pause gewesen) und querte die Plöckenpassstraße. Hier war nichts los, die italienische Seite der Passstraße ist wegen Erdrutschen komplett gesperrt.
Wie es so sein sollte, musste ich nochmal 80 Hm steil rauf, um dann im leichten Ab bis zur Unterkunft "Untere Valentinalm" zu gelangen. Endlich da. War ich froh. Nach 8,5 Stunden fast ohne Pause wurde es echt Zeit, ich hatte keine Lust mehr.
Vor der Alm zog ich erstmal meine nassen Schuhe und Socken aus, meine Badelatschen an und betrat die Alm. Am Tresen saßen und standen einer Frau (die Wirtin) und vier Männer (der Wirt und drei Gäste). Und ALLE starrten mich an, als ob der Mann vom Mond rein kam 😂. Gute Möglichkeit, das Eis zu brechen! Kurzer Lacher, dann wurde ich schon herzlich willkommen geheißen.
Ich habe ein Lager (mal wieder alleine, das Wetter lädt nicht zum Bleiben ein), ich konnte schön duschen und meine Schuhe stehen auf der Heizung zum Trocknen. Und zum Abendessen gab es einen Steirischen Fitness-Salat - mit Kürbis panierte Hähnchenbrust und Kürbisöl auf einen riesigen Berg Salat. War das lecker, der Hammer!!!
Morgen soll hier die Welt untergehen, so heftig soll es regnen. Mal sehen was oder wie ich es mache.
Im Prinzip will ich nur auf die Wolayerseehütte, wären gut 6 km mit über 1.000 Hm. Vielleicht ergibt sich ein Fenster mit brauchbarem Wetter.
Liebe Grüße vom Plöckenpass - oder nahe davon entfernt.
Euer Knut
Hallo Knut, hoffentlich hast du morgen ein paar trockene Stunden für deine Tour.