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Man(n) könnte es auch einfach haben

Bis auf das Problem mit dem zu kurzen Bett und dem Umstand, dass ich dadurch meine Beine nicht ausstrecken konnte, war meine Nacht eigentlich ganz gut. Mithilfe meiner Ohrenstöpsel hatte ich mich von den fünf Zimmernachbarn abgekanzelt, sodass ich gut schlafen konnte.

Um 7:30 gab es Frühstück, das wie auf einer richtigen Hütte nicht sehr umfangreich, aber mit Müsli ausgestattet war. Es gab frisches Obst, auch zum Mitnehmen. Und - das ist auf meiner Tour Premiere - ich hatte gestern Abend ein Sandwich als Wegzehrung geordert, nachdem sie direkt danach gefragt hatten. Und auch das lag toll verpackt bereit. Also wirklich, hier im Refugio Campo Base waren sie echt perfekt organisiert und auf Zack!!! Kompliment!


Ich hatte am Abend nochmal im Rother Wanderführer gestöbert und gesehen, dass es zur klassischen GTA-Route (15,8 km, 810/970 Hm) noch eine alpinere Alternative über die Scharte "Colle d'Enchiausa" auf 2.740 mNN gibt (17,9 km, 1.120/1.250 Hm). Laut Angaben aber nur bei gutem Wetter zu empfehlen. Und, was soll ich sagen!? Das Wetter war gut vorher gesagt. Also könnte ich doch die vermeintlich schönere, wenn auch längere und anstrengendere Tour machen, oder nicht!? Klar! Und warum? Weil ich's kann! 😆

Also zusammen gepackt und los!!!



Zu Beginn musste ich erst über die Zufahrtsstraße zum Refugio (mit angeschlossenem Campingplatz für Wohnmobile) laufen, durchs erste Dorf hindurch, bis ich in einer Spitzkehre in den Wald auf einen MTB-Track abbiegen konnte. Hier stand auch der erste Wegweiser bis zur Scharte - 4:30 Std. Upsi, so lange hatte ich nicht gerechnet. Da kann ich mir aber nicht so lange Pausen gönnen.... Nach dem Abzweig ging es erstmal entspannt durch den Wald, ist auch schön, nicht immer sofort und gleich mit Volllast zu starten. Lange blieb es aber nicht so und der Aufstieg in Richtung des Lago d'Apsoi begann. Und der hatte es echt in sich. Zwar 'nur' ein normaler, häufig benutzter Wanderweg durch den Wald, aber echt steil und mühsam. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass ich vom Vortag noch lahme Beine hatte...!? 🤔 Nach gut 400 Hm (die sich nach deutlich mehr angefühlt haben) lichtete sich der Wald und es wurde der Blick auf ein schönes Bergpanorama und einen tiefer liegenden, strahlend blauen See frei. So schön! Und der Weg wurde wieder etwas flacher - wenn man von 'flach' reden mag....



Ich war an drei Seiten von Bergen umgeben, die freie Seite ließ den Blick auf den gestrigen Tag zu. Es war toll zu sehen, wo ich gestern alles entlang gegangen war und wie die Berge aus einer anderen Perspektive aussehen. Es ging in weitem Bogen unterhalb einer Felswand entlang, bevor es einen steilen und würdet anstrengenden Anstieg auf eine höhere 'Ebene' zu bewältigen gab. Hier sollte sich der schöne See Lago d'Apsoi befinden - ich war gespannt. Leider war es dann eine kleine Enttäuschung: Der See hatte sehr wenig Wasser, Teile des Seegrundes lagen offen in der Sonne. Das macht dann nicht so einen schönen Eindruck - ungeachtet dessen war die Farbe wie schon beim See vorher wahnsinnig Tiefblau. In Kombination mit den Felsen ist das immer ein schöner Anblick....



Ich kam gar nicht direkt am See vorbei, mein Weg verlief etwas oberhalb im Hang, weiter in Richtung der Scharte. Massive Felswände linkes und rechts säumten den Einschnitt, in dem ich mich nach oben arbeiten sollte. Der Anfang war noch sehr entspannt, über einen Wanderweg aus Gras und Steinen, aber vor mir lag ein riesiger Haufen Schotter - leider nicht im Sinne von Geld. Alles, was über die Zeit von den Bergen herunter fiel, lagerte in einer mächtigen Schotterzunge. Und da waren große Blöcke dabei.... Der Weg zog sich von links nach rechts und war anstrengend zu gehen. Durch die groben Steine konnte ich die Stöcke nicht richtig einsetzen. Und dann, kurz vor der Scharte - es waren vielleicht noch 100 Hm zu gehen - änderte sich der Weg und ging über eine Schotterflanke, die extrem steil war, Schüttkegel halt. Und der Weg raubte mir echt die letzte Kraft. Wahnsinn! War das anstrengend. Aufgeben gibt es nicht, also rauf da! Und um 12:08 Uhr knipste ich das Foto von der Colle d'Enchiausa auf 2.740 mNN - geschafft.

Und dann rechnete ich: um 9:15 Uhr am Abzweig standen 4:30 Stunden, wäre 13:45 Uhr. Ich stand aber um zehn nach 12e oben, macht nicht ganz drei Stunden. Okay, man (ich) hätte sich auch Zeit lassen können, dann wäre es auch nicht so anstrengend.... Man(n) könnte es auch einfach haben! 🙈



Ich setzte mich, nahm meine Getränk und schnaufte durch. Jetzt habe ich alle Zeit der Welt - ich muss nur noch runter. Und so gönnte ich meinem Körper erstmal eine kurze Ruhepause, bevor es weiter gehen sollte. Der Blick voraus zeigte, dass es im weiteren Verlauf ein tolles Tal gab, mit schönen Ausblicken, Wiesen und Sitzmöglichkeiten. Dennoch saß ich erstmal eine halbe Stunde, bevor ich mich auf machte, einen richtigen Pausenplatz zu finden. Der erste Abstieg hatte es auch gleich nochmal in sich. Es war ein loses Geröllfeld, bei jedem Schritt rutschte ich ein Stück weiter ins Tal. Wenn man diesen Umstand aber weiß, kann man ihn gut nutzen, um einfacher und schneller nach unten zu kommen. Und so verließ ich relativ schnell den steinigen Bereich und erreichte das beschriebene Tal. Wunderschön! Genau mein Geschmack. Noch einige Meter gegangen, nach einem tollen Platz Ausschau gehalten, niedergelassen. Und so machte ich - Achtung! - auf einer Wiese zwischen Edelweiß meine Essenspause. Ja, richtig gelesen. Ich fand nach ewigen Zeiten mal wieder Edelweiß. Zwar waren die schon sehr mitgenommen und am Verblühen, aber nichtsdestotrotz, es waren Edelweiß. ☺️



Nach gefühlt einer Ewigkeit schaffte ich es doch, meinen Hintern hoch zu bekommen, um alles zusammen zu packen und den letzten Abschnitt in Angriff zu nehmen. Puuuh, meine Beine waren echt lahm, und ich fühlte mich erschöpft wie schon lange nicht mehr. Selbst schuld, Hausmeister Gru, man hätte es auch einfacher haben können und den Originalweg gehen können - oder einfach mal nicht so stressen. Tja, brauchst nicht jammern!

Der Abstieg war nochmal toll, über Wiesen zwischen Felsen hindurch, später durch einen Lärchenwald, weiter ins Tal hinab.



Die letzten zweieinhalb Kilometer konnte ich mir schon einmal genauer ansehen - morgen muss ich sie zurück gehen (bergauf). Mag ich genau genommen nicht, aber wenn die Unterkunft so liegt, geht es nicht anders. Aber der Weg war genügsam und forderte nicht viel. Und so erreichte ich mein Ziel, das Dörfchen "Chialvetta" um kurz vor 4e. Mit einem Zimmer klappte es auch, und so hatte ich auch diesen doch sehr anstrengenden Tag geschafft. Es war aber der zweite Tag hintereinander ein wundervoller Wandertag mit traumhaft schönen Ausblicken!!! Es hat sich - trotz der Anstrengung - absolut gelohnt, den alternativen Weg zu nehmen.



Am Abend saß ich mit fünf deutschsprachigen Leuten zusammen, zwei hatten amerikanische Geschichte und so kamen schöne Gespräche zustande - nicht nur übers Wandern.

Zum Glück hatte ich meinen Schlafsack dabei, im Zimmer war es nämlich sowas von kalt. 🥶

Aber das wird beim Schlafen sicherlich nicht von Nachteil sein - kühle Luft, und ich im warmen Schlafsack.


Dann träumt mal was Schönes!

Bis Morgen!


Liebe Grüße, euer (geschaffter und erschöpfter)

Hausmeister Gru

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