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Wasser, überall Wasser - nur nicht von oben

Als um 7e mein Wecker klingelte und ich die Balkontür zum Lüften aufmachte, hatte ich das Gefühl, dass das Grollen und Tosen des Wasserfalls etwas leiser und zahmer geworden ist. Aber das täuscht vielleicht.... Ich werde es sehen, ich komme später direkt daran vorbei, wenn ich in den Aufstieg einsteige.


Vorher erst noch frühstücken, dazu durfte ich von der Unterkunft zum Restaurant laufen. Es war frisch draußen, aber ich hatte schon gesehen, dass einige Gipfel mit Sonne beschienen wurden, es könnte also ein schöner Tag werden. Angesagt hatten sie zumindest keinen Regen.



Heute hat sich dann aber erst noch gezeigt, dass manche Leute ihren Job einfach nicht können. Um zu frühstücken, musste ich mich in die Schlange der Italiener an der Theke stellen (die kurz einen Espresso trinken wollen), nur, um ein Messer zu bekommen, welche an keinem einzigen Gedeck vorhanden waren. Ach, und zum Müsli braucht man Milch und eine Schüssel? Ach ja, nochmal anstellen. Und der Kaffee mit Milch, den ich bestellt hatte, durfte ich mir dann auch an der Theke selbst holen - klar. Genauso wie einen Löffel fürs Müsli.... Alter Schwede, wie unfähig kann man sein... Sollten einen anderen Job annehmen.


Dann los, lieber diesen Ort der Trauer verlassen. Nochmal über die Brücke unterhalb des Wasserfalls, man konnte nun richtig gut erkennen, dass sich die Situation tatsächlich deutlich entspannt hatte. Das Wasser war nicht mehr ganz so braun und hatte schon Ansätze, wieder bläulich zu werden. Und auch die Menge war wesentlich weniger. Vielleicht ein Bild von gestern und heute nacheinander....



Zu Beginn meiner Tagesetappe musste ich ein paar Meter auf der Straße laufen, drei oder vier Serpentinen, bevor es in den Wald ging. Man merkte die große Nässe, die überall noch herrschte. Der Boden war vollgesogen, und überall flossen größere oder kleinere Bäche. Und dort, wo kein Wasser floss, sah man an der Beschaffenheit des Weges bzw. der Anordnung von Hölzern und Laub, dass hier vor Kurzem ordentlich Wasser geströmt ist - auch wenn es kein Bachbett war.

Der Weg ging als Abkürzung einer Autonebenstraße von Kehre zu Kehre, nicht sehr steil, aber stetig aufwärts. Zum Glück waren es heute erstmal nur 400 Hm rauf, bevor es flacher wurde. Nein, nicht nur einmal rauf, einmal runter, heute sollte es auch mal entspannt bleiben.



Durch den Wald voller Esskastanien und Buchen, auf einem gut ausgebauten und gepflegten Weg schlängelte ich mich am Hang entlang. Immer wieder traf ich auf Reste von zerfallenen Alpen, Häuser, deren Mauern noch standen, die Dächer bereits eingefallen. Nur in einem 'Dorf' war die Kirche noch besonders gut erhalten, hier fand ich in einem der besten Häusern auch noch ein original eingerichtetes Klassenzimmer. Die Tür war aber verschlossen, und aufgrund der Witterung waren die Fenster beschlagen - es gelang mir kein ordentliches Foto.



Leicht abwärts und durch einige sehr feuchte Wiesen hindurch kam ich in ein schönes Tal, an dessen Ende ein imposanter Wasserfall ("Cascata del Roc") zu sehen war. Natürlich trug auch hier der Regen der letzten Tage dazu bei, dass er besonders anschaulich aussah. An einer Kirche auf einem Hügel mitten im Tal traf ich auf Hanno und Lorraine, die dort in der Sonne ihre Frühstückspause machten. Wir quatschten kurz, ich ging dann aber weiter, für eine Pause hatte ich mir einen anderen Platz auserkoren - und es war noch zu früh.



Es folgte ein zweiter (und bereits letzter) Anstieg mit wiederum nur ca. 400 Höhenmeter aufwärts, wieder durch Wald, aber diesmal waren es mehr Lârchen und Kiefern, und dazwischen dieses lange Gras aus den Bergen. Es sah schon beim Aufstieg schön aus, aber als ich dann oben war und der Weg in einen Höhenweg über ging, wurde der Wald noch viel schöner: überall das Gras, große, graue Felsblöcke dazwischen, überall Lärchen und die Wolken bildeten so tolle Formationen. Die Bäume wurden auch weniger, sodass man einen Ausblick auf die umgebenden Gebirgszüge hatte. Wow! Was für ein Schauspiel der Wolken.... Im Minutentakt änderten sich die Ansichten, mal wurde hier ein Gipfel freigegeben, dann dort. Ich kam aus dem Fotografieren nicht mehr heraus. Wunderschön!




Auf einen freien Stück mit großem Felsblock musste ich mich hinsetzen und mir dieses Naturschauspiel in Ruhe zu Gemüte führen. Und es war so angenehm warm. Nicht zu heiß, aber auch nicht zu kühl - einfach perfekt. Und so saß ich erstmal da, genoß den Ausblick, sog es in mich auf.



Nach einiger Zeit ging ich ganz entspannt die letzten paar Höhenmeter, bevor ich zu meinen ausgesuchten Mittagsplatz kam. Es war so, wie ich es mir aus der Karte heraus erhofft hatte: freier Blick auf die Berge, Wasser zum Trinken, Steine zum Draufsetzen und Ruhe, um alles zu genießen.

Auch Lorraine und Hanno waren hier, es war wieder sehr angenehm mit den Beiden. Sie gingen dann schon früher, ich konnte noch nicht. Viel zu schön hier oben, viel zu selten diese Möglichkeit, in Ruhe da zu sitzen und es sich gut gehen zu lassen. Am Wegweiser stand der Abstieg mit nicht mal einer Stunde angeschrieben - da muss ich mich nicht hetzen.



Gleich neben meinem Mittagspausenplatz floß ein kleiner Bach in tollen Windungen und über flache Steine, ein Baum hatte mit seiner Wurzel eine schöne Sperre erzeugt und damit den Bach und sein glasklares Wasser aufgestaut. Es war so harmonisch, idyllisch, schön, beruhigend. Ich liebe es, wenn sich Wasser seinen Weg durch die Landschaft sucht. Und lieber ruhig und entspannt, als so donnernd wie in Noasca. Und so machte ich viele Bilder und Videos, experimentierte ein bisschen rum, saß nochmal in der Sonne und machte mich erst nach 2e wieder auf den Weg - sollte ja nur noch runter gehen.






Ging es auch. Ganz entspannt, breiter Weg, nicht sehr steil, schöne Serpentinen, gut gepflegt, alles easy. Im letzten Stück sah ich dann schon zwischen den Bäumen den Lago di Ceresole mit seinem türkisfarbenen Wasser. Es ist ein Stausee, der zur Stromerzeugung genutzt wird.

Unten angekommen, schaute ich, wo ich für die Nacht unterkommen könnte. Hier gab es einige Möglichkeiten, unterhalb der Staumauer wollte ich nicht übernachten - nicht, weil ich Angst hätte, der Damm könnte brechen, sondern weil ich hoffte, dass ich eine Unterkunft mit Blick auf den See ergattern würde. Und so kam ich nach einem Spaziergang am Ufer des Sees schließlich im Sport-Hotel an, mitten in Ceresole Reale. Ich bekam ein schönes Zimmer, natürlich nur mit Blick aufs Gemeindehaus und der Straße und nicht auf den See, aber ich habe es auch nicht anders erwartet. Bin halt nur ein Wanderer... 😂



Am frühen Abend ging ich mit Lorraine und Hanno etwas trinken, zum Essen wollten die beiden heute mal alleine sein - verständlich und natürlich in Ordnung. Ich gönnte mir dann nach unserem Aperitif eine Pizza - endlich mal wieder. Ich bin seit Wochen in Italien und hab seit einer gefühlten Ewigkeit keine Pizza mehr gegessen. Aber ja, in Quincinetto wollte ich ja nicht - da war das Restaurant einfach zu gut.


Für Morgen steht nach diesem absolut herzlichen und schönen Wandertag wieder ein typischer GTA-Tag bevor: einmal rauf (1.040 Hm), einmal runter (1.540 Hm). Und nichts mit genüsslich entspannt oben bleiben. Aber das ist ja erst morgen, da muss ich mir nicht schon heute Sorgen drum machen.


Achja, übrigens hat sich noch geklärt, warum uns auf dem Weg nach San Lorenzo die Wanderer im Regen entgegen kamen, die Unterkunft aber zu hatte: von einem der Wanderer erfuhren wir, dass es der letzte Abend war und nach ihrer Übernachtung die Trattoria für Ferien schloss. Ah, jetzt ja, dann macht das alles Sinn....

Nicht ganz: schließlich hatte Lorraine eine Übernachtung gebucht.... 🤔


Bis dann, habt einen schönen Freitagabend und Einstieg ins Wochenende! Bis Morgen.


Knuti

53 Ansichten2 Kommentare

2 comentarios

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uettling
07 sept 2024
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Hi Knut,

wegen dem "bischen Regen" gleich aufs Taxi umsteigen! Hat doch "gerade" gereicht, daß es in diesem Tal beim Übergang in die Ebene zur Überschwemmungskatastrophe reichte! Also alles richtig eingeschätzt!

Super und weiterhin etwas mehr Wetterglück !!! Grüße B u U

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Knut
Knut
08 sept 2024
Contestando a

Hi Dad!


Ja, dieses bißchen Wetter war echt heftig, habe erst durch Zufall gesehen, war in den Medien darüber berichtet wurde. Bei Turin (ist ja nicht weit weg) wurde ein Bauer mit Traktor vermisst.

Ich bin froh, dass ich mich nicht dich dazu überredet habe, zu laufen.

Etwas Glück mit dem Wetter hatte ich Freitag schon, gestern hat es zumindest nicht geregnet. Heute leider schon....


Knut

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