Meine Nacht war wieder nicht unbedingt die Beste und das, obwohl ich heute eine etwas längere Tagesetappe, gespickt mit vielen Höhenmetern, vor mir hatte. Aber den Schlaf kann man halt nicht beeinflussen. Und so stand ich müde und nicht gerade fit auf, bereitete schon mal alles vor, denn das Frühstück gab es erst um 8e im Nachbarhotel. Für mich gefühlt zu spät, aber ich konnte es ändern.
Ich genoß das überaus umfangreiche Frühstück, wirklich eine Seltenheit. Und die Wirtin sagte, dass man sich auch etwas zum Mitnehmen machen durfte. Wow! Diesem Angebot kam ich dann auch nach und schmierte mir zwei Brötchen - schließlich hatte ich noch Käse von der Sennerin im Rucksack.
Bis ich loskam war es dreiviertel 9e - puuuh, nicht gerade so, wie ich es mir gedacht hatte. Noch schnell von den Bekannten verabschiedet, da ich 1,5 Tagesetappen laufe, werde ich sie nicht mehr sehen...
Von der Pension ging es erst die Fahrstraße hinunter, dann bog ich in einen Waldweg ab, der mich hinunter zum Bachlauf brachte. Über den Bach hinweg, hieß es, den ersten Anstieg zu meistern. Wie hier so üblich, ging es relativ steil durch den Wald, zum Glück diesmal aber mit Serpentinen und nicht einfach straight on Falllinie. 😁
Ich kam durch eine Alpe, wo es ein Refugio gab, bei dem man hätte einkehren können. Aber ich bin doch gerade erst losgelaufen. Dann leider nicht.
An ein paar Häusern wurde bearbeitet, scheinbar soll hier wieder Leben hinein gebracht werden. Schön....
Im Wald weiter nach oben, erreichte ich nach einer knappen Stunde den ersten Hochpunkt des Tages. Also tatsächlich Hochpunkt - nicht Höhepunkt! 😂
Es war die Alpe Res mit Viehwirtschaft, aber auch gepflegtem Rasen. Durch die Lage oberhalb des Tales war es sehr idyllisch hier.
Für mich ging es aber wieder hinunter, nur nicht auf der Höhe bleiben. Durch Wiesen, später durch Wald und die kleine Ortschaft Boco Superiore stieg ich bis zur Fahrstraße im Tal hinab. Der Fahrweg war aber schon relativ weit am Ende des Tales, sodass hier kaum Autos fuhren.. Zum Ende hin durfte ich noch durch Santa Maria, wo es wohl scheinbar auch eine Station bzw. Unterkunft für die GTA-Wanderer gab. Viele wegen hier aber wohl nicht mehr absteigen.... 🙈
Am Ende des Tales hieß es dann wieder hoch in die Berge. Der Weg war - wie sehr viele Wege hier - mit Steinplatten gut ausgebaut und daher auch gut zu gehen. Es waren auch einige Leute unterwegs (also auch Italiener), das am Weg liegende Refugio Baranca ist Ausflugsziel und auch eine Übernachtungsmöglichkeit für die GTA-Wanderer am Ende der heutigen Etappe. Ich holte mir ein Bier und eine Sprite, bekam noch ein paar Popcorn dazu und setzte mich ins Gras vor das Refugio. Es war gerade einmal halb 1e, gut, dass ich noch weiter wollte - auch wenn es noch 700 Hm sein sollten. Während des Pausierens polterte es plötzlich und ein freches Pferd galoppierte hinter mir auf die Wiese, verfolgt von zwei Hunden. Alle drei schienen miteinander zu spielen. Das Pferd war deshalb frech, weil es der italienischen Familie die Liegedecke anknabberte und mir mein Bierglas wegnehmen wollte. War echt süß!
Ich musste noch weiter, oberhalb gab es einen See (Lago Baranca), an ihm wollte ich Essenspause machen. Also los, über einen perfekt gebauten Steinplattenpfad ging es nach oben, durch das wenige Gefälle auch schnell erklommen. Am See dann einen schönen Platz gesucht und gevespert. Leider war die Sonne nicht da und es wehte etwas, daher war es relativ kühl. Sonst war es aber sehr ruhig und ich konnte die Esel auf der anderen Seite des Sees beobachten. Nach der Essensaufnahme umrundete ich noch den restlichen Teil des Sees und ging wieder auf den Originalweg.
Ich durchquerte vor dem letzten Anstieg noch eine Alpe, hier war mehr los - ob das alles privat war oder auch eine Übernachtung für jedermann bot, konnte ich nicht so richtig erkennen. War aber auch nicht relevant für mich - wollte weiter über die Scharte. Also hinauf in die tiefhängenden Wolken. Es war ein ständiger Wechsel zwischen Sicht gleich Null und ein wenig Sonne, ein schönes Spiel der Natur. Und kurz vor der Scharte dann sogar ein Restschneefeld auf 2.000 mNN - wer hätte das gedacht. Rein aus nostalgischen Gründen konnte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, dorthin einen Umweg zu machen. Und dann die letzten Höhenmeter für heute, insgesamt waren es am Schluss 1.490 Hm rauf. Und runter musste ich auch noch (insgesamt waren es am Tag 960 Hm bei 17,6 km).
An der Scharte Colle d'Egua auf 2.239 mNN war dann die Sicht gleich Null. Aber zum Glück konnte ich auf den Schildern lesen, dass es oberhalb ein Bivacco (Biwak) geben soll - da schaute ich hin, rein aus Neugierde. Es war eine komplett vollständig ausgestattete Hütte, in die man als Selbstversorger gehen hätte können. Ich überlegte, schaute, was mir der morgige Tag bringen würde und entschied mich gegen dieses Biwak - 1.800 Hm Abstieg am nächsten Tag war mir zuviel.
Also runter vom Berg in Richtung meines Ziels, der Alpenvereinshütte Refugio Paolo Majerna (C.A.I. Boffalora). Nichts Aufregendes mehr, kein anstrengender Abstieg. An der Hütte fragte ich nach einer Übernachtung, die ich auch prompt bekam. Es war endlich mal wieder eine richtige Berghütte. Der Schlafraum war die alte Scheune, mit Stockbetten bestückt. Alles ein bisschen spartanisch, aber doch gepflegt. Unter der Führung des italienischen Alpenvereins eben (C.A.I.).
Das Abendessen gab es erst um 8e, da musste ich mit meinem knurrenden Magen oft ins Gericht gehen. Nein, nicht ein Gericht hinein geben, sondern beschwichtigen, dass es bald etwas zu Essen gibt.
Es wurde ein großes U an Tischen aufgebaut, und um kurz vor 8e ging eines der Mädels mit einer Kuhglocke herum und rief alle zum Essen. Außer mir war nur ein Schweizer Ehepaar da. Und so saß ich mitten zwischen den Italiener und es wurde aufgetischt: erst ein bisschen Pizza, dann Schinken und Salami (mit Weißbrot), anschließend Fleischscheiben mit gebratenen Erbsen, zum Abschluss frittierte Quarkbällchen. Dazu Wein und Wasser.
Immer wieder sagte irgendjemand etwas und alle applaudierten oder jubelten, dann wurde Paolo hochjubeln gelassen. Später erfuhr ich, dass heute der Wechsel des Bewirtungspersonals war und die bisherige Truppe von einer neuen Truppe abgelöst wurde - und das wurde entsprechend gefeiert. Und ich durfte mitten dabei sein. War echt toll.
Nach dem Essen hatte ich noch ein kurzes Gespräch mit dem Schweizer Pärchen, das bereits seit 40 Tagen unterwegs ist, den GTA in umgekehrter Richtung läuft und morgen nach Rimella wandert - dort, wo ich heute her kam. So konnten wir uns etwas austauschen. War sehr nett.
Bin nun aber mal im Bett. Hoffe, ich kann heute besser schlafen. Die Ohrenstöpsel mache ich vorsorglich rein. Wer weiß, wie feierlaunig die Wirtsleute noch sind.
Bis Morgen, Ihr Lieben
Euer Knut
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